Streuobstanbau

Wir haben unsere Obstwiesen als „Obstgärten“ bezeichnet. Der Grund ist unsere Auffassung von dem, was eine „Streuobstwiese“ heute in den verbreiteten Ansichten der Umweltverbände ausmacht. Dieser Begriff ist, wie leider eine große Menge anderer, inzwischen sehr Ideologie beladen. Unser Ziel ist die naturnahe Produktion von Qualitätsobst als Alternative zu intensivem Obstanbau. Und das ist nur möglich, wenn es eine ausgewogene Entwicklung zwischen Ökologie und Ökonomie gibt. Was man für „ausgewogen“ hält, hängt sehr stark vom Bewirtschaftenden ab. In der Anthroposophie wird vom „Betriebsorganismus“ geredet, in dem die wirtschaftenden Menschen einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit und Entwicklung haben.

Pflanzverband

Da wird oft davon gesprochen, dass sich Streuobstwiesen dadurch auszeichnen, dass die Bäume „verstreut“ über die Fläche verteilt sind – es gibt keine festen Pflanzverbände. Das ist bei uns nicht der Fall. Ohne Pflanzverbände, die eine einigermaßen geregelte Bewirtschaftung ermöglichen, könnten wir unsere Flächen nicht unterhalten. Die Schafhaltung wäre nicht umsetzbar, da wir nicht von Anfang an in der Baumschule erzogene Hochstämme pflanzen. Auch das gelegentliche Mulchen wäre so erheblich aufwändiger, dass es kaum zu realisieren wäre. Es würde neben dem erheblichen zeitlichen Mehraufwand zu einem wesentlich erhöhten Befahren des Bodens mit dem Traktor kommen. Es bestehen aus unserer Sicht auch erhebliche Zweifel, ob jemals heutige Streuobstwiesen mit einer solchen Maßgabe angelegt worden sind. Es erscheint viel wahrscheinlicher, dass die heute als „Streuobstwiesen“ bezeichneten Flächen ursprünglich in einem weiten Pflanzverband als „2. Produktionsetage“ auf Weide- oder Ackerflächen angepflanzt worden sind. Erst der Ausfall einer größeren Anzahl von Obstbäumen hat den Eindruck der zufälligen Verstreuung hervorgebracht. Man kann diese Wirtschaftsweise heute noch sehr gut in der Normandie in Frankreich sehen.

Pflanzabstand

Es gibt an unterschiedlichen Stellen Vorgaben für die Abstände zwischen den Bäumen einer Streuobstwiese. Diese liegen oft zwischen mindestens 8m und in der Regel maximal 12m. Das hat mit der Höhe der Bäume zu tun. Die hohen Bäume werfen weite Schatten, sollen sich aber möglichst nicht gegenseitig bedrängen. Das ist auch unser Anliegen. Nun ist es aber so, dass die Wuchshöhe des einzelnen Baumes von unterschiedlichen Faktoren abhängt. Im Allgemeinen wird bei den Erwägungen der Unterlage des Baumes eine ausschlaggebende Rolle zugeschrieben. Das ist aber nur sehr bedingt richtig. Den es gibt andere Aspekte, die von nicht geringem Einfluss sind. So spielt die Edelsorte eine sehr wichtige Rolle. Die Unterlage modifiziert die Wachstumsstärke der Edelsorte. Doch ist es ein gewaltiger Unterschied, ob ich eine stark wachsende Edelsorte verwende oder eine schwach wachsende Sorte. Ein weiterer Aspekt sind selbstredend die Standortverhältnisse. Ein guter, ertragreicher Boden wird die Bäume in andere Dimensionen wachsen lassen als ein sandiger. Die Niederschlagsmengen, ein heute schwer zu kalkulierender Faktor, spielen eine weitere, wichtige Rolle.

So lässt sich nicht verlässlich sagen, wie die Pflanzabstände im Einzelfall optimal zu wählen sind. Bei der anerkanntermaßen anzustrebenden freien Entwicklung der einzelnen Bäume ist es von großem Interesse für uns als Obstbauern, dass der Pflanzverband auf der anderen Seite möglichst dicht ist, um die wirtschaftlich notwendigen Erträge erzielen zu können.

Hochstämme

Was man in der Normandie auch sehr gut sehen kann sind die Hochstämme. Unter den Bäumen grasen die Kühe, die Stämme sind geschützt. Das ist auch unsere Herangehensweise. Nur mit dem Unterschied, dass die Bäume und das Obst für uns das Primärziel sind, die Schafe eher dienende Funktion haben. In Frankreich ist das Obst eher ein „Zubrot“ zur Rinderhaltung.

Wir wollen nicht nur Mostobst erzeugen. Die Qualität der Früchte unserer Arbeit ermöglicht auch eine Vermarktung als Tafelobst. Dieses muss per Hand gepflückt werden. Nun macht es wenig Sinn, den Ertrag in eine Höhe zu treiben, die die händische Ernte so verteuert, dass sich weniger betuchte Leute sich den Kauf nicht mehr leisten können. Es stellt sich die Frage, wie hoch muss ich die Baumkronen treiben – wie tief kann ich sie lassen. In unserem Fall ergibt sich aus der Höhe unseres Weinbergtraktors und der Fresshöhe der Schafe eine Kronenhöhe von ca. 1,70m. Für das „Lichtraumprofil“ sorgen verlässlich die Schafe.

Ein weiterer für uns relevanter Aspekt ist die Einzelstammstabilität der Bäume. Je länger der astlose Stammabschnitt ist, um so ungünstiger entwickelt sie das Verhältnis von Baumhöhe und Stammdurchmesser. In der Forstwirtschaft ist dies ein wichtiges Maß für die Einzelbaumstabilität. Den Bäumen wird Assimilationsfläche entzogen. Dazu kommt, dass die aerodynamische Stabilität des Baumes negativ beeinflusst wird. Je astreicher ein Baum ist, um so geringer ist seine Neigung sich bei Stürmen „aufzuschaukeln“. Baumpfleger wissen aus eigener Erfahrung wie sehr beispielsweise ein aufgeasteter Nadelbaum „schaukelt“.

Da es uns sehr um die Stabilität und Vitalität unserer Bäume geht, verwenden wir weit überwiegend Sämlingsunterlagen. Diese führen tendenziell zu einem hohen Platzbedarf für jeden einzelnen Baum. Um diesen Raum für die Obstproduktion optimal zu nutzen, sollen sich die Bäume mit ihren Ästen möglichst weit ausbreiten und alle möglichen Ebenen erschließen. Um dies zu erreichen schneiden wir die Bäume orientiert an dem Verfahren des Öschbergschnitts. Dabei lassen wir unsere Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus unserer jahrzehntelangen Praxis einfliessen.

Schreibe einen Kommentar